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Alles Sonstige.

Texte
Du weißt, du hast zuviel 30-60-90° geprobt, wenn...

- du schon mal eine Diskussion darüber hattest, ob eine Rechtsradikale in Netzstrümpfen sich morgens die Beine rasiert oder nicht.
- du nicht mehr zum Bochumer Hauptbahnhof willst. Nie wieder. Auch nicht mit Nasenbrille.
- die Rolle deine Persönlichkeit verändert hat.
- du ernsthaft erwägst, am Wiener Opernball teilzunehmen.
- du dich als Junge damit abgefunden hast, Rouge, Kajal und Wimperntusche, wenigstens aber Grundierung zu tragen.
- du immer vorm Spiegel stehst und denkst, Kubaner müßte man sein, aber weißt, so lange könntest du gar nicht in der Sonne liegen.
- du in Omalatschen damenhaft trippeln kannst.
- du hinter der Aula Lektionen im aggressiven Brüllen und/oder hysterischen Schreien absolviert hast.
- du weißt, daß der Hauptbestandteil einer Verkleidung als Türke der kleine schwarze Bart ist.
- du bei unter 0° und Schneefall einen Nachmittag im Rock bzw. Kittel ohne Wollstrumpfhose ausgehalten hast.
- du weißt, daß McDonalds keinen Spiegel auf der Damentoilette hat.
- du das nächste Mal, wenn du vor hast, jemanden so richtig zu verprügeln, nicht etwa eine dunkle Seitenstraße ohne Zeugen wählst, sondern beschließt, dein Opfer in aller Öffentlichkeit und am hellichten Tage in einem Waschsalon zu malträtieren, wo genug Leute stehen, die sofort die Polizei rufen.
- du zu den Proben Schlafsack und Gaskocher mitnimmst und dich in der Aula einquartierst, weil es sich gar nicht mehr lohnt, danach noch nach Hause zu fahren.
- du instinktiv beim Lesen des Probenplan halluzinierst, daß unten drunter steht: Diese Angaben sind wie immer ohne Gewähr.
- du keine Lebenskrisen mehr hast, höchstens ein beschädigtes Karma.
- dir klar wird, daß du deine Rolle einfach nur deshalb gekriegt hast, weil du den Chromosomensatz XY besitzt.
- du pro großer Pause mindestens fünf weitere Leute triffst, die ebenfalls in irgendeiner Form am Stück mitwirken.
- du in der Gewißheit lebst, am Ende nicht leer auszugehen. Schließlich kriegen alle jemanden ab. Sonst wär’s ja kein Musical.
- du unter Drogeneinfluß eine wundersame Umkehrung deiner Sexualität beim Anblick eines Transvestiten durchmachst.
- du dein Kostüm aus Sicherheitsgründen kurz vor Premierenbeginn gebracht bekommst und es danach sofort wieder von der Polizei, deinem Freund und Helfer, mitgenommen wird.
- dir plötzlich auffällt, daß du die Gesamthandlung des Stücks gar nicht so genau kennst, weil du immer nur zu deinen Szenen zur Probe kommst und dann wieder gehst.
- du aus Beobachtungen in einem echten Waschsalon weißt, daß das Musical nichts mit Klischés zutun hat, sondern lediglich die Realität abbildet.
- du beim Anblick der Probenpläne plötzlich begreifst, daß du beim Annehmen der Rolle deine Seele dem Teufel verkaufst hast.
- deine Universallösung zu allen Kostümproblemen Ebay heißt.
- du nur noch mit dem Namen deiner Rolle gerufen wirst.
- du es schon irgendwie ganz gut findest, daß mal darüber geredet wurde und natürlich auch verstehst, daß die anderen jetzt Wut und Trauer empfinden, aber trotzdem irgendwie nicht soviel Schuldbewußtsein für den dritter verpaßten Texteinsatz hintereinander weg hast.
- du es eigentlich ganz natürlich findest, daß auch Menschtypen, die man eigentlich nicht mal mit einer Pistole im Rücken in eine Karaokebar kriegen würde, mitten im Gespräch plötzlich anfangen zu singen, um ihre „Message“ besser rüberzubringen; von der Präsenz des unsichtbaren Orchesters gar nicht zu sprechen.
- du verwundert feststellst, daß Wäschekörbe auf Rädern im Alltag eher die Ausnahme bilden.
- du deinen Text schon noch auswendig gelernt bekommst. Zur Aufführung bestimmt.
- du die Ausdrücke „oberoberungeil“, „Sumpfhuhn“ und „feiner Pinkel“ benutzt.
- du erkennst, daß auch Lehrkräfte trotz dem Plus an Lebenserfahrung nicht unbedingt wissen, wo der kleidungstechnische Unterschied zwischen politisch links und politisch rechts besteht und wie der wohl zu verkörpern sei.
- du Käsebrötchen viel geiler als Wurstbrötchen findest.
- du in der ersten Stunde bei Unterrichtsbeginn den langsam den Kopf vom Tisch hebst, den Lehrer müde anschaust und sagst: „Mann, muß das so laut sein am frühen Morgen?“
- du zwingend darauf bestehst, daß die Arbeiterszene noch einige Male wiederholt wird, weil du darin einen legitimen Grund gefunden hast, dir auf der Bühne Bier zu kippen.
- du zusammen mit den anderen Akteuren Analysen darüber aufstellt, ob die einzelnen Leute rollengerecht gehen.
- du deine Freunde so lange mit dem Musical vollgetextet hast, daß sie es jetzt auch schon ganz dringend sehen wollen und dich jedesmal fragen, wann sie endlich Karten kaufen können.
- du dich an anstößigen Bemerkungen und Flüchen aller Art nicht mehr störst, aber bei Pits Nasenbruch immer noch nicht hinsehen kannst.
Danke an Alica Mohnert für den Text...



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